
Lösungswerkstatt
Praxis für Coaching
Herzlich Willkommen in meiner Praxis-
herzlich willkommen bei mir!
Entdecke wer Du bist,
und wer Du sein kannst.
Erfahre das Wunder in Dir.
Erlebe welch Geschenk Du bist!
Wir alle glauben daran etwas Besonderes zu sein und etwas Besonderes bewirken zu können. Und wir alle haben Recht damit.
R. Braun
Teil 3
Das Opfer
Mobbing erkennst/erahnst Du als Elternteil wohl am ehesten.
Mobbing erkennen, ist für Lehrpersonen sehr schwierig. Denn die Attacken passieren meist in den Momenten ihrer Abwesenheit (Garderobe, Umkleide, Pausenplatz, Schulweg) oder wenn sie anderweitig beschäftigt sind (einem anderen Kind helfen oder etwas erklären).
Francoise Alsaker zeigte in ihrer Untersuchung in den Kindergärten, dass die Kindergärtnerinnen ihre Kinder sehr gut kannten und einschätzen konnten, Mobbing jedoch erst nach gezielter Schulung erkennen konnten.
Wenn Du als Eltern oder Lehrperson vermutest, dass (D)ein Kind gemobbt wird, gibt es ein paar Anzeichen, die darauf hindeuten können:
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Kind wird zum Aussenseiter
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Kind wird mit negativen Labeln versehen
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Kind trägt einen demütigenden Spitznamen
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Kind wird ständig herumkommandiert
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Kind ist ständig Zielscheibe von Witzen und beleidigenden Sprüchen
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Kind wird ständig provoziert und in Konflikte verwickelt
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Kind sucht häufig seine Sachen oder muss sie vom Boden aufheben
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Kind hat ständig Verletzungen, Kratzer, Prellungen
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Kind bleibt beim Mannschaftwählen meist übrig
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Kind sucht die Nähe von Lehrpersonen, Pausenaufsicht oder anderen Erwachsenen
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Kind hat Schwierigkeiten sich vor der Klasse zu äussern
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Kind „verliert“ oft Schulsachen
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Öfter defekte oder verschmutzte Sachen
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Kind zieht sich zurück, erzählt weniger, isoliert sich
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Kind hat plötzlich seltener Verabredungen/Einladungen
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Kind verliert Interesse an Aktivitäten
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Kind wirkt oft unsicher, ängstlich, traurig. Sein Selbstvertrauen leidet stark.
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Dies kann oft überdeckt sein, durch gereiztes, aggressives und aufsässiges Verhalten, was im Klassenverbund oft Täter-Opfer verwechseln lässt.
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Die Schulleistungen schwanken oder verschlechtern sich
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Kind ist oft krank, oder versucht mittels krank zu schwänzen, weil es Angst hat in die Schule zu gehen.
Horst Kaspers hat Mobbing in Schulklassen ausführlich untersucht. Er hat unter anderem festgestellt, durch welche feindseligen Handlungen sich Mobbingopfer gedemütigt fühlen.
Hier die Top Ten:
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ï‚• Ich werde behindert, wenn ich mich beteiligen will
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ï‚• Es werden Lügen und Gerüchte über mich verbreitet
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ï‚• Ich werde für dumm erklärt oder mit ähnlichen Attributen versehen
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ï‚• Lehrpersonen schreien mich an
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ï‚• Ich kriege Schimpfworte oder kränkende Spitznamen zu hören
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ï‚• Lehrpersonen übersehen meine Bereitschaft zur Mitarbeit
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ï‚• Ich werde nachgeäfft
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ï‚• Ich werde lächerlich gemacht
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ï‚• Ich kriege abwertende Blicke oder Gesten zu sehen
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ï‚• Hinter meinem Rücken wird schlecht über mich gesprochen
Weitere feindselige Handlungen, die Mobbingopfer erfahren können: wie Luft behandeln, Gespräch verweigern, kränkende Forderungen stellen, zu erniedrigenden Handlungen zwingen, Drohung, Erpressung, ständige Kritik, Beschimpfungen, persönliche Gegenstände verschwinden, werden beschädigt oder beschmutzt, jegliche Form physischer Gewalt (Handgreiflichkeiten, Schläge, Tritte).
Aussagen von Mobbingopfern:
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„Jedes Mal wenn ich mich im Unterricht melde, verdrehen meine Mitschüler die Augen oder lachen über mich“
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„während unsere Lehrerin uns vorliest, gestikulieren einige meiner Mitschüler, um zu zeigen, dass ich dumm und hässlich bin“
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„beim Mannschaftsauswählen komme ich immer als letzte dran und werde von der Mannschaft mit Stöhnen und Seufzen empfangen.
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„Wenn ich vorbeigehe, stellt mir fast immer einer einen Haken, damit ich hinfalle.“
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„Ich werde fast nie mit meinem Namen angesprochen. Ich bin der Arsch, Dummkopf, Stinker, Blödmann--- und dass sind nur die netten Ausdrücke- es gibt noch viel ausgefallenere, die ich hier nicht aufschreiben möchte.“
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„Ich wollte in der Pause mitspielen und wurde bespuckt, bis ich wegging“
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„Meinen Turnsack musste ich mindestens 1x pro Woche im Abfall suchen."
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„Als ich vom Klo zurückkam, stand gross und dick auf meinem Arbeitsblatt: Stirb endlich!“
Mobbing ist nicht nur ein Problem der oberen Schulstufen. Francoise D. Alsaker von der Universität Bern hat das „Plagen“ in Kindergärten untersucht und festgestellt, dass rund 11% der Kinder systematisch plagen, etwa 6% latent Opfer sind und etwa 10% sowohl Täter als auch Opfer. Statistisch gesehen müsste also in jeder 20er Klasse 2 Mobber/Opfer vorkommen.
Die Einstellung, dass das Mobbingopfer selber schuld sei an seiner Situation ist weit verbreitet, grundlegend falsch und führt massgeblich dazu, dass das Mobbing am Laufen bleibt.
Da es keinen typischen Opfertyp gibt, kann im Grunde jeder Opfer sein- auch Du und Dein Kind!
Täter und Täterinnen argumentieren, das Opfer habe die Schikanen aufgrund bestimmter Eigenschaften oder Verhalten selbst verschuldet. Dies ist willkürlich. Egal ob jemand dick, dünn, mit Brille, Spange, Kraushaar, sportlich, ungeschick, guter oder schlechter Schüler, vorlaut oder schüchtern usw. ist, jede Eigenschaft kann als Mobbinggrund vorgeschoben werden.
Wichtiger als der vorgeschobene Mobbinggrund ist die Differenz zwischen Opfer und Täter, die die Täter willkürlich definieren, grösser und wichtiger machen als dass es auch nur im entferntesten angemessen wäre.
Im fortgeschrittenen Mobbingstadium, wird jede Eigenschaft und jede Handlung des Opfers nach einem bestimmten Muster interpretiert mit dem Ziel die Schikanen weiterzuführen.
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Wenn Opfer weinen sind sie humorlos,
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wehren sie sich, ist das die Bestätigung, dass man sie „bändigen“ muss,
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suchen sie Hilfe, sind sie Petzer,
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weichen sie aus, gelten sie als Eigenbrötler,
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sind sie freundlich, sind sie Schleimer.
Das Opfer hat keine Chance die Situation zu verändern, bis es Hilfe von aussen bekommt.
Wenn über Mobbing gesprochen wird, lautet allermeistens die erste Frage: “Warum wird dieses Kind gemobbt?“ und nachdem Du schon so viel über Mobbing gelernt hast, wird klar, dass die richtige Antwort lautet:
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“Weil den Mobbern langweilig ist,
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weil die Mobber Macht demonstrieren wollen,
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weil die Mobber neidisch sind,
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weil die Mobber ihren eigenen Frust an diesem Kind auslassen,
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weil den Mobbern quälen Spass macht,
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weil sich die Mobber so grösser vorkommen und soziale Anerkennung erhalten,
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weil die Mobber an einem anderen Ort selbst gequält werden etc.“ (Vollständig korrekte Anwort ergibt sich nach dem Beitrag über die Zuschauer)
Eines der Hauptprobleme, das sich beim Versuch die Situation des Opfers zu verbessern ergibt, sind dessen Scham- und Schuldgefühle. Bis Mobbing erkennbar wird, hat es in der Regel schon eine längere Geschichte und das Opfer war die ganze Zeit über dabei und hat die volle Wucht abbekommen. Sein Denken und Fühlen über sich selber sind aufgrund der Verletzungen bereits sehr negativ geprägt und so schämen sich die Mobbingopfer, genauso wie wir das von Opfern von Stalking, Gewalt und Vergewaltigung kennen. Mobbing ist nämlich psychische Gewalt.
Wer sich schämt und schuldig fühlt—weshalb eigentlich?—schweigt in der Regel. Das Schweigen sorgt seinerseits dafür, dass sich die Mobbingspirale weiterdreht.
Der erste Schritt ist also, das Opfer zum Reden zu bewegen. Damit das gelingen kann, müssen zuerst Scham- und Schuldgefühle angegangen werden. Hierbei helfen Therapeuten und Coaches.
Sobald wir Erwachsenen dann Informationen über die Geschehnisse haben, können wir erst sinnvoll auf allen Ebenen intervenieren.
In weiteren Schritten wird es darum gehen,
1. das Opfer zu stärken. Dies wird wohl nur gelingen, wenn gleichzeitig auf der Seite der Schule die Bedingungen verbessert werden. Ansonsten ist es, als würde man einen Verletzten medizinisch versorgen während weiter auf ihn eingeschlagen und eingestochen wird.
2. Sobald das Opfer wieder bei seelischen Kräften ist, kann damit begonnen werden auf seiner Verhaltensebene zu arbeiten, damit es sich aus seiner Opferrolle befreien kann. Werden dem Opfer direkt Ziele gesetzt oder Ratschläge gegeben, wie es sich anders Verhalten sollte, verstärkt sich sein Gefühl an seiner Situation schuld zu sein und macht ihm ein Verändern schier unmöglich.
Tipps aus der Lösungswerkstatt für Eltern oder Lehrpersonen:
„Ich habe den Eindruck, Dir geht es in der Schule nicht so gut......“
„Mir scheint, einige Deiner Mitschüler sind echt fies zu Dir gewesen heute. Kommt das öfter vor.......?“
Antwort: „Ja.“ „Es geht so.“ „Manchmal schon“
Bevor Du weiterfragst, seine Situation ernstnehmen, unbedingt hier eigene Gefühle äussern (das Opfer ist meist in seinen Gefühlen „gefangen“, wenn Du Deine äusserst, „setzt Du Dich gewissermassen in sein Boot“. Erst danach könnt Ihr gemeinsam steuern!)
„Das ist bestimmt schwierig für Dich- wenn jemand sowas zu mir sagen würde, wär ich sehr traurig/deprimiert/wütend/verletzt etc.“ Oder „ich bin so erschrocken und zornig darüber, dass er/sie das gesagt/gemacht hat! Wie geht’s Dir denn damit?“
Vorsicht: nicht in Retterhaltung gehen und über die Täter schimpfen „die sind ja sowas von blöd, gemein, übel, denen sollte man unbedingt eine Strafe geben etc.....“ Bestimmt denkst und fühlst Du das v.a. als Elternteil, doch damit drängst Du Dein Kind verstärkt in die Opferrolle und vor allem bekommt es so nicht was es dringend braucht, um sein Schweigen zu brechen: Verständnis, Wahrgenommen- und Ernstgenommen werden.
Lautet die Antwort: “Nein.“ Kann es sein, dass wirklich nichts ist oder wenn Du vermutest das Kind geht einfach dem Gespräch aus dem Weg , hast Du 2 Möglichkeiten:
1. „Oh da bin ich aber froh, wenn das nur eine einmalige Sache war. Denn falls das öfter vorkommt, wärst Du sicher sehr traurig und ich auch. Aber wenn ich davon wüsste, könnten wir was dagegen unternehmen.“
2. „Oh da bin ich aber froh, dass es nur 1x vorgekommen ist. Ich kenne da nämlich Julia, bei der war das so....... und Du erzählst Julias Geschichte über Mobbing und wie sies geschafft hat, zu erzählen, wies ihr geht und wirksame Hilfe bekommen hat.“
Dann lass es wirken und versuch in ein paar Tagen vielleicht sogar die 2. Variante einzubauen und so eine Basis zu schaffen, die es dem Kind erleichtert, sich zu öffnen.
Falls das nichts bringt, findest Du das Video vom gemobbten Hasen (Teil2) und kannst so die Tür zum Kind öffnen.
Im weiteren Heilungsverlauf wird das Kind lernen, die positiven Seiten an sich und seiner Umwelt in den Vordergrund zu stellen und sobald gestärkt, können Übungen wie Stand-Up’s (gute Reaktionen auf Attacken) fruchten, so dass es langweilig wird dieses Kind zu mobben. Eine Abkürzung direkt zu Stand-ups gelingt in den meisten Fällen nicht, da das Opfer zuwenig Zugang zu seinem Veränderungspotiential hat.
Analogie: Versuch mal mit einem gebrochenen Bein für einen Marathon zu trainieren!
Auch hier helfen gute Sozialarbeiter, Therapeuten und Coaches.
Empfehlung: www.be-nice.ch
www.lösungswerkstatt.com
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zusätzliche Quellen zu den bisherigen:
Francoise Alsaker, "Mutig gegen Mobbing"